Arbeiten Weerths aus der Zeit von 1900 bis 1910 sind zahlreich vorhanden. Dass die Arbeiten und Vorträge von diesem Zeitpunkt an heute relativ gut nachvollzogen werden können, liegt zum großen Teil daran, dass sich diese in den „Lippischen Mitteilungen“ wiederfinden. Der erste Band der „Mitteilungen aus der lippischen Geschichte und Landeskunde“ wurde von der geschichtlichen Abteilung des Vereins herausgegeben. Erste Ansätze, eine solche historische Abteilung des Naturwissenschaftlichen Vereins mit einem Publikationsorgan zu gründen, machten Otto Weerth und Archivrat Hans Kiewning im Jahre 1900.
Im Dezember des Jahres 1900 stellte Otto Weerth der fürstlichen Regierung die Lage der lippischen Geschichtsschreibung dar und betonte, dass seit den Arbeiten in den 1860er Jahren „Stockungen“ eingetreten seien, so dass es nicht möglich sei „eine zusammenfassende lippische Geschichte [...] zu schreiben.“ Er führte diese Stockungen nicht auf einen „Mangel an Interesse“ zurück, sondern auf das Fehlen grundlegender Untersuchungen. Um diesen Mangel zu beheben, schlug Otto Weerth der Regierung eine Reihe von Veröffentlichungen vor. Erwogen wurde die Publikation der Landtagsakten bis 1806, die Regesten der lippischen Klöster und auch die „hochinteressanten Memoiren des Grafen Ferdinand Christian [...]. Die Notwendigkeit anderer Veröffentlichungen wird sich zweifellos im Laufe der Zeit ergeben.“ Ein Problem bestand seiner Ansicht nach darin, dass der Naturwissenschaftliche Verein nicht über die finanziellen Mittel zur Herausgabe einer Vereinszeitschrift verfügte. Er bat die Regierung, ein solches Vorhaben mit einer jährlichen Zuschuss von 1.000 Mark zu unterstützen: „Wird diese Summe nicht jedes Jahr verbraucht, so soll aus den Überschüssen ein Fond angesammelt werden, der es möglich macht, dass, wenn einmal mehrere Publikationen etwa zu gleicher Zeit oder bald hintereinander zum Abschluß kommen, keine Stockung eintreten braucht.“
Im Januar 1901 erhielt Weerth die Zustimmung der Regierung. Im folgenden Jahr weitete der Naturwissenschaftliche Verein schließlich seine Tätigkeit mit einer Satzungsänderung auf die Landesgeschichte aus.
Otto Weerths 1902 erschiene Arbeit über „Die Papiermühlen der Grafschaft Ravensberg“, beruht auf einer umfangreichen Papiersammlung, die er im Lippischen Landesarchiv und bei Nachkommen von Verlegern gesammelt hatte. Die Sammlung enthält Papier aus sieben lippischen Papiermühlen in Bentrup, Hillentrup, Kalldorf, Berlebeck, Schieder, Pivitsheide und Dalbke. 1904 folgte dann in den Lippischen Mitteilungen die Arbeit „Das Papier und die Papiermühlen im Fürstentum Lippe“, in der Weerth die Geschichte der Papiermühlen und die verwendeten Wasserzeichen umfangreich analysierte. Mit dieser ausführlichen Untersuchung zur Geschichte der Papiermühlen in Lippe und der dort verwendeten Wasserzeichen vervollständigte Weerth seine Forschungen über die heimische Papierproduktion.
Mittlerweile hatte sich Otto Weerth auf Grund seiner jahrelangen landeskundlichen Arbeiten auch auf überregionaler Ebene einen guten Ruf erworben und war darum wohl prädestiniert, den Artikel über Lippe für die Brockhaus-Enzyklopädie des Jahres 1902 zu verfassen. Darüber hinaus war er Mitglied in der Altertumskommission für Westfalen sowie in seiner Funktion als Vereinsvorsitzender - Gründungsmitglied des nordwestdeutschen Verbandes für Altertumsforschung. Dieser Verband von Altertumsvereinen gründete sich in Hannover im Jahr 1904 unter dem Vorsitz von Carl Schuchhardt. Die erste Tagung fand im darauffolgendem Jahr in Münster statt.
Wahrscheinlich ist es den guten persönlichen Kontakten zwischen Otto Weerth und Carl Schuchhardt zu verdanken, dass es gelang, die zweite Tagung vom 17. bis 19. April 1906 in Detmold stattfinden zu lassen. Die Ausrichtung einer solchen Tagung bedeutete für den Verein und seine Mitglieder eine Anerkennung der bisherigen wissenschaftlichen Arbeit, da an ihr zahlreiche namhafte Altertumsforscher teilnahmen. Neben dem Vorsitzenden Prof. Dr. Schuchhardt aus Berlin, der Verbandstätigkeiten zu Beginn der Tagung vorstellte, zählten Prof. Dr. Schröder aus Göttingen, Dr. Grotefend aus Schwerin, Prof. Dr. Rüthing aus Oldenburg, Prof. Dr. Jostes aus Münster sowie die, Detmolder Professoren Thorbecke und Weerth zu den Teilnehmern.
Am vorletzten Tag des Kongresses hielt Otto Weerth einen Vortrag über „Knicke und Landwehren“. Nach dem abschließenden Besuch der Grotenburg am 19. April, bei dem die Grabungen, die Schuchhardt und Weerth im inneren Ring der Grotenburg durchgeführt hatten, erörtert wurden, besichtigten die Tagungsteilnehmer unter Leitung von Prof. Thorbecke die frühmittelalterlichen Skulpturen der Externsteine.
Obgleich Otto Weerth im Korrespondenzblatt der Gesamtvereins in den folgenden Jahren nicht mehr erwähnt wurde, blieb seine Position im Detmolder Verein herausragend. Dies gilt im besonderen in Bezug auf die Anzahl der Vorträge und Veröffentlichungen. Aus der Menge der Vorträge seien hier nur einige, in den Lippischen Mittelungen erwähnte, genannt. Er beschäftigte sich mit „Gedenkmünzen Simon August[s]“ zur Lippe, einer „bei Lockhausen gefundenen Goldmünze“, einem „Sterling des Grafen Heinrich I. von Sternberg“ ebenso wie mit der „Teilnahme des Grafen Friedrich Adolf an dem Kriege gegen Ludwig XIV. im Jahre 1688“.
Zahlreiche weitere Vorträge belegen sein ebenfalls vorhandenes Interesse an Hügelgräbern in Lippe. So berichtete er 1909 über „Eine Ausgrabung bei Bellenberg“, wobei es sich um eine Grabung an einem Steinhügelgrab der älteren Bronzezeit handelte. Viele dieser Steinhügelgräber hat Otto Weerth selbst ausgegraben und untersucht. Dass ihm hierbei auch der Zufall zu Hilfe kam, belegen folgende Zeilen vom Oktober 1908: „In den letzten Wochen ist zwischen Nienhagen und Lage, in der Nähe von Junghärtchen ein grösseres Stück Heideland urbar gemacht, wobei ein Hünengrab angeschnitten und teilweise zerstört ist, das eine kreisförmige Steinsetzung enthält, was mir bei den Gräbern, die ich bisher untersucht habe, noch nicht vorgekommen ist.“ Einen wichtigen Punkt zur Erhaltung dieser Gräber schlägt er vor, wenn er „fürstl. Regierung anheimstell[t], ob es nicht angängig ist, einige besonders gut erhaltene Gräber für das Land aufzukaufen“.
Auf der Grundlage seiner eigenen und der Grabungen in Zusammenarbeit mit Schuchhardt entstanden zahlreiche Aufsätze, die in den Lippischen Mitteilungen erschienen, wie: „Alt-Sternberg“, „Brobeck und Brabeck“ und „Burg Everberg“.
Der Artikel „Landwehren und Burgen im lippischen Lande“ bildet 1916 den Abschluss seiner Beschäftigung mit den mittelalterlichen Burgen in Lippe. Hierin fasste er Schuchhardts und seine Forschungen kurz zusammen und gab einen Überblick über die lippischen Burgen und ihre Entstehung.
Otto Weerth und Carl Schuchhardt hielten nicht nur auf wissenschaftlicher Ebene Kontakt zueinander. Zwischen 1892 und 1927 zeugen überlieferte Briefe von einem freundschaftlichen Verhältnis. Bezeugt ist deren Freundschaft in einem Gedicht, das Carl Schuchhardt im Juli 1918 vor dem Hintergrund des nahenden Endes des 1. Weltkrieges an Otto Weerth schrieb: [Dies finden Sie im gedruckten Aufsatz - Literaturangaben]
Im Zuge der preußischen Landesaufnahmen für die ersten Kartenblätter des Landes Lippe im Jahr 1921 wandte Schuchhardt sich an Weerth und bat diesen, die genaue Lage von Burgen, Hünengräbern und alten Lagern in die ihm übersandten Karten einzuzeichnen. Dies verdeutlicht Otto Weerths Stellung als Experten für die lippische Landesgeschichte wohl überaus deutlich. Diese Position festigte sich nicht zuletzt durch die Vielzahl seiner hauptsächlich in den Lippischen Mitteilungen erschienen Veröffentlichungen.
In diesem Zusammenhang sei der ab 1926 mit Wilhelm Teudt geführte Diskurs über die sogenannten „Germanischen Heiligtümer“ erwähnt. Die Geschichte dieses Streits ist in den Lippischen Mitteilungen von Roland Siekmann ausführlich dargestellt worden. Hier soll nur eine kurze Zusammenfassung und Deutung aus der Sicht des Vereins folgen:
Teudt vermutete in der Senne eine „heilige“ germanische Anlage. So sah er im Haus Gierken eine germanische Gelehrtenschule und deutete die Wallanlagen als an Fixsternen orientierte Ortungslinien. Forschungen Otto Weerths und seines Freundes Carl Schuchhardt hingegen ergaben,
„daß die astronomisch ausgedeuteten Linien nichts anderes sind als die Umhegung eines Gutshofes des 17. Jahrhunderts (notabene nach Christi Geburt!) [...] Es ist eine groteske Beirrung, wenn man in solchen Umhegungen astronomische Linien erkennen will. Nachdem diese Art Astronomie in der Bretagne und bei Stonehenge in Südengland völlig abgewirtschaftet hat, sollte man sie nicht in Deutschland neu einführen wollen. Es ist gar nicht daran zu denken, daß unter den heutigen Wall- und Mauerlinien ältere, urzeitliche vorhanden seien, und jeder Pfennig, den man für die Suche nach solchen weiter ausgibt, ist unverantwortlich weggeworfenes Geld. Das muß ich nach 40jähriger Erfahrung im allgemeinen und nach gewissenhafter Prüfung dieser besonderen Sache offen aussprechen.“
Diesem Urteil schloss sich die Lippische Landesregierung nach der Veröffentlichung von Teudts Buch „Germanische Heiligtümer“ an. Eine Beurteilung Kiewnings vom Januar 1929 beschreibt die Lage der historischen Forschung in Lippe sehr treffend:
„Es kann leider nicht geleugnet werden, daß der Dilettantismus in der Altertumsforschung bei uns in Lippe schon ganz merkwürdige Blüten treibt. Sie war von jeher ein beliebter Tummelplatz für mehr oder weniger beschäftigungslose alte Herren. Ehemals konnten wir uns auf das Urteil eines Sachverständigen in der Person des Herrn Prof. Weerth verlassen, sein Alter lässt ihn heute ausscheiden. Wir stehen in Unterhandlung, den in Westfalen amtlich angestellten Sachverständigen, Herrn Dr. Stieren in Münster, auch für unsere Zwecke zu gewinnen, die endgültige Antwort steht jedoch noch aus. Freilich werden dadurch derartige Bücher wie das vorliegende [Anmerk. d. Verf.: Gemeint ist Teudts „Germanische Heiligtümer“] auch kaum gehindert werden. Das Buch von Teudt ist ohne Frage aus einer bestimmten deutsch-völkischen Tendenz heraus geschrieben und soll vornehmlich in dieser wirken. Es verlangt daneben auch wissenschaftlich eine Berücksichtigung, sein Schaden kann unberechenbar sein. Wir vermögen das jedoch nicht zu beurteilen. Das Buch reizt zur Widerlegung, die Widerlegung würde aber so umfangreich ausfallen, daß man davor zurückschreckt.
Widerlegungen gab es in den folgenden Jahren zahlreich. Noch 1949 widerlegte Otto Weerths Sohn Karl die Thesen Teudts in seinem Aufsatz „Germanische Heiligtümer in Lippe“.
Das Schreiben Kiewnings an das Landespräsidium erklärt aber auch, aus welchem Grund sich Otto Weerth in dieser Diskussion nicht mehr äußerte: Er wurde im Jahr 1929 achtzig Jahre alt und hatte im selben Jahr seine letzte geologische Arbeit, die „Geologie des Landes Lippe“, herausgegeben.
Dieser Text ist ein Auszug aus: Otto Weerth. In: Lippische Mitteilungen 2002, S. 265-331. Fußnoten finden Sie dort.
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